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Wanderung auf den Odilienberg

Am Samstag sind wir mit einigen Schülern auf dem Odilienberg unterwegs. Wir treffen uns um neun Uhr am Kloster und genießen die herrliche Aussicht, die klare Luft und die Stille. Danach machen wir uns auf in den Wald, Richtung Männlestein. Meine Augen, Ohren und mein Herz sind offen für die wunderbare Natur hier oben. Das satte Grün, die Heidenmauer, die hohen Bäume, das Gezwitscher der Vögel, die Stimmen der anderen, der weiche Boden unter meinen Füßen, das alles macht Freude und tut so wohl.

Am Männlestein angekommen legen wir eine Runde Qi Gong ein und verbinden uns mit Himmel und Erde. Noch während wir unsere Übungen machen, geschieht für mich etwas Magisches. Mein Blick wandert nach oben zu den Baumspitzen. Sie scheinen lebendig zu sein. Nebelschwaden rollen über sie hinweg und sinken nach unten in fast demselben Rhythmus wie meine Qi-Gong-Bewegungen, langsam fallen erste Regentropfen. Für einen kurzen Moment erscheint es mir, als würde die Zeit stehen und als wäre ich eins mit der Natur. Dann löst es sich schon auf und wir suchen Zuflucht vor dem Regen in einer Hütte.

Es kommt so viel Wasser vom Himmel, dass sich große Pfützen bilden und auf den Waldwegen kleine Bäche entstehen. Wir stärken uns mit einem Vesper und machen uns dann auf den Heimweg. Klatschnass, aber in heiterer Stimmung kommen wir schließlich wieder am Kloster raus. Durch den Regen waren wir gezwungen, unsere Vorstellungen und Pläne für diesen Tag loszulassen und uns ganz ins Jetzt zu begeben.

Die Dinge so zu nehmen wie sie kommen. Das erinnert mich auch an ein Prinzip, welches ich immer wieder im Tui Shou, den Partnerübungen im Taijiquan, trainiere. Hier übe ich mich in der Weichheit und der Flexibilität, auf das zu reagieren, was vom Gegenüber kommt. Wir reagieren aus unserer Natur heraus auf Druck immer mit Gegendruck. Loslassen und dem Energiefluss zu folgen, fällt nicht nur im Tui Shou schwer, sondern auch im alltäglichen Leben. 

Die Wanderung auf dem Odilienberg verlief anders als geplant und war doch ganz einfach ein wunderbares Erlebnis.

Johanna Saemann

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