Auf dem großen Jahrmarkt der Eitelkeiten
Heinz Günter Saemann
ist es mal wieder laut wie schon lange nicht mehr
Die Marktschreier überbieten sich gegenseitig
Sie versprechen wie immer goldene Zeiten
mit Wachstum und Wohlstand
Das Volk spitzt die Ohren
nickt hoffnungsvoll mit leuchtenden Augen
Alles wird neu, größer, besser, schöner
Licht und Schatten lösen sich auf
Übrig bleibt ein schattenloses Grau
das sich auf die Erde legt
Doch irgendwoher leuchtet ein Licht
aus der Stille geboren
sanft, voller Güte und Liebe
Es war, ist und wird immer sein
Der Jahrmarkt löst sich auf
Zeit
Zeit
Heinz Günter Saemann
Zeitenstrom
Tage Wochen Monate Jahre
kein Anfang
kein Ende
belanglos sind Werden und Vergehen
ein stetes Fließen
absichtloses Strömen
Wir
der Flügelschlag eines Schmetterlings
Auf ein Wort
Du sagst
Heinz Günter Saemann
Auf ein Wort!
Eine Fülle von Wörtern bricht aus dir heraus
Was ist denn das eine Wort
das dir so wichtig ist?
Jetzt muss ich armer Tropf mich auf die Suche machen
Wähle ich ein Wort
sagst du
Du hast mich nicht verstanden
Wähle ich ein anderes
dann hast du
es nicht so gemeint
Verrät mir ein kurzes Blitzen deiner Augen
das leichte Zucken um deine Lippen
das Spiel deiner Hände
oder deine Körperhaltung das Wort
das dir so wichtig ist.
Sag das nächste Mal
Auf ein paar Sätze!
Dann kann ich Dir zuhören
Nebeltage
Ich liebe diese Nebeltage
Heinz Günter Saemann
Bekanntes nimmt neue Gestalt an
Räume öffnen sich
die zurück reichen bis in die Kindertage
Die Weiden wurden zu alten Riesen
rätselhaft und voller Weisheit
Augen und Ohren sahen und hörten in die Anderswelt
Die Zunge schmeckte die Feuchtigkeit
manchmal süß
manchmal bitter
Stille überzog die Landschaft
Wenn ich dann in die warme Stube zurückkehrte
die Kleider noch feucht
trug ich die Stille mit mir
Nach all den Jahren liebe ich immer noch die Nebeltage
Voller Stille und Geheimnissen
Und manchmal winken mir die alten Weiden zu
Der Regentropfen
Auf der Suche nach Stille
Heinz Günter Saemann
bin ich am verzweifeln
Die Gedanken in meinem Kopf machen einen Lärm
dass es kaum auszuhalten ist
Draußen prasselt der Regen aufs Dach
Ein Regentropfen fällt mir durchs undichte Dach auf die Nase
Endlich ist es still
Ich hätte nie gedacht
dass ein Regentropfen ein Meister der Stille ist
Für meine Mutter
Ich trauere um dich
Heinz Günter Saemann
obwohl ich nicht trauern wollte
Die Jahre haben uns entfremdet
Mich mehr als dich
Übrig blieb ein seidener Faden
dünn und kaum sichtbar
Ich weiß nicht
warum ich zu dir gefunden habe
Vielleicht haben wir uns gerufen
Du in schlaflosen Nächten oder Tagen voller Träume
Ich in meiner Einsamkeit
Nach all den Jahren trauere ich um dich und mich





